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Tag gegen Gewalt an Frauen - jeder ist gefragt


Weltweit wird am 25. November auf Gewalt gegen Frauen aufmerksam gemacht. Dieser Aktionstag, der 1981 ins Leben gerufen und 1999 von den Vereinten Nationen offiziell anerkannt wurde, ist seit 2018 auch in Fürth ein fester Bestandteil des Jahreskalenders. Damals reagierte der Katholische Frauenbund Fürth auf die in Deutschland ratifizierte Istanbul-Konvention – ein europäisches Abkommen zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt. Heute wird die Aktion gemeinsam mit der Gemeinde Fürth gestaltet.

Trotz aller Fortschritte hat das Thema nichts an Dringlichkeit verloren. Im Gegenteil: Gewalt gegen Frauen nimmt in vielen Bereichen zu. Täglich werden bundesweit rund 140 Straftaten an Frauen und Mädchen registriert, die Dunkelziffer dürfte erheblich höher liegen. Neben körperlicher, sexueller, emotionaler oder wirtschaftlicher Gewalt treten zunehmend digitale Formen wie Cybermobbing, Stalking oder Online-Belästigung auf.

Um auf diese Entwicklungen aufmerksam zu machen, fand auch in diesem Jahr wieder eine gemeinsame Mahnwache vor dem Fürther Rathaus statt. Dort wurde die weithin sichtbare Fahne mit der Botschaft „NEIN zu Gewalt an Frauen“ gehisst – ein Zeichen für Solidarität, Achtsamkeit und Unterstützung.

Ein Blick auf die Situation im Kreis Bergstraße

Bürgermeister Volker Oehlenschläger machte in seiner Ansprache deutlich, wie nahe das Problem auch unserer Region kommt. Mit vier Femiziden im Jahr 2024 allein im Kreis Bergstraße sei man von dieser Form der Gewalt keinesfalls ausgenommen. Ein Femizid bezeichnet – nach Definition der WHO – die Tötung einer Frau, weil sie eine Frau ist.

Oehlenschläger rief dazu auf, aufmerksam auf das eigene Umfeld zu schauen und bei Verdachtsmomenten oder akuter Gefahr Kontakt zu Hilfseinrichtungen aufzunehmen. Unterstützung bieten unter anderem ProFamilia, die Caritas sowie die Beratungs- und Interventionsstelle Bergstraße.

Dramatische Zahlen aus Beratung und Frauenhaus

Sophie-Lucia Gassner von der Beratungs- und Interventionsstelle Bergstraße verdeutlichte anhand aktueller Daten, wie ernst die Lage ist. Die Zahl der Fälle häuslicher Gewalt steigt, während die Kapazitäten von Frauenhäusern und Beratungsstellen stagnieren oder sogar sinken.

  • 118 Frauen zwischen 19 und 76 Jahren suchten im vergangenen Jahr Beratung – ein Hinweis darauf, dass Gewalt jede Altersgruppe treffen kann.
  • 116 Frauen mit 123 Kindern fragten 2024 im Frauenhaus nach Schutz.
  • Aufgenommen werden konnten lediglich 15 Frauen und 15 Kinder – etwa 13 % aller Anfragenden.
  • Insgesamt lebten 2024 22 Frauen und 24 Kinder im Frauenhaus; oft über viele Monate, da bezahlbarer Wohnraum fehlt.

Gassner betonte, dass Gewalt gegen Frauen keine private Angelegenheit sei, sondern eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung. Sie forderte deutlich mehr Ressourcen: zusätzliche Plätze in Frauenhäusern, mehr Personal in Beratungsstellen sowie verbindliche Präventionsangebote, die fest im schulischen Unterricht verankert sind.

Appelle und Aktionen in Fürth

Auch Gabriele Möke vom Katholischen Deutschen Frauenbund – Zweigverein Fürth – erneuerte die Forderung, die Istanbul-Konvention vollständig umzusetzen. Dies beinhalte Prävention, Schutz, die konsequente strafrechtliche Verfolgung sowie echte Gleichstellung. In Gedenken an die Opfer entzündete sie vor dem Rathaus eine Kerze.

Ein weiteres sichtbares Zeichen im Landkreis ist die Brötchentüten-Aktion „Gewalt kommt mir nicht in die Tüte!“, bei der Bäckereien im Kreis Bergstraße Tüten mit wichtigen Notrufnummern und Hilfsangeboten ausgeben. In Fürth beteiligen sich die Bäckereien Pfeifer und Unger, das Backwerk Rauen im REWE-Markt sowie die EDEKA Bylitza Bäckerei.

Zudem erstrahlt das Fürther Rathaus rund um den Aktionstag in kräftigem Orange – der Signalfarbe der UN-Kampagne „Orange the World“. Sie steht weltweit für die Vision einer Zukunft ohne Gewalt.

Vortrag und weiterführende Informationen

Am Abend des Aktionstags hielt Sophie-Lucia Gassner online den Vortrag „Lean on me – gemeinsam gegen Partnerschaftsgewalt“. Darin erklärte sie unter anderem:

  • unterschiedliche Formen häuslicher Gewalt
  • typische Warnsignale
  • den Verlauf des sogenannten Gewaltkreislaufs
  • Unterstützungsmöglichkeiten für Betroffene und deren Umfeld

Etwa ein Viertel aller Frauen erlebt im Laufe des Lebens häusliche Gewalt; 99 % der Kinder im Haushalt sind Zeugen dieser Übergriffe. Die Zahlen unterstreichen die Bedeutung von Aufklärung und Prävention.

 Bei Rückfragen steht Sophie-Lucia Gassner weiterhin zur Verfügung.

Hintergrund: Warum der 25. November?

Der internationale Aktionstag erinnert an die drei Schwestern Mirabal aus der Dominikanischen Republik, die am 25. November 1960 vom Geheimdienst ermordet wurden. Sie hatten sich gegen die Diktatur von Rafael Trujillo eingesetzt. Ihr Tod wurde zum Symbol des Widerstands – und zum Ausgangspunkt für einen weltweiten Gedenk- und Aktionstag, der Gewalt gegen Frauen sichtbar macht und zum Handeln aufruft.